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Hans-Jürgen Malles
Kennst du Friedrich Hölderlin?

Seine Werke gehört neben denen Goethes und Schillers zu den bedeutendsten der deutschen Klassik, auch wenn sein Leben im Wahnsinn endete. Eine Hinführung zum Verständnis von Hölderlins Persönlichkeit und Werk bietet Deutschlehrer Malles hier. Der Leser erhält Einblicke in ein facettenreiches Leben voller Höhen und Tiefen und darf teilhaben an Hölderlins Begeisterung für die Französische Revolution und die griechische Antike. Auch die Liebe zu Susette Gontard soll nicht unerwähnt bleiben.

Nehm`n Sie`n Alten!

Nehm`n Sie`n Alten!

Otto Reutter

Die Statistik zeigt's dem Kenner:
`s gibt mehr Frauen als wie Männer,
Darum rat' ich allen Frau'n, sich beizeiten umzuschau'n;
Aber, bitte sich begnügen!
`s kann nicht jede `n Schönsten kriegen.
Schau'n Sie nicht so wählerisch
Nur nach dem, der jung und frisch.
Nehm'n Se'n Alten, nehm'n Se'n Alten,
so`nen Alten, wollbestallten,
So`n Beamten mit Pension -
Sehr begehrt ist die Person.
Nehm`n Se`nen Alten, nehm'n Se'nen Alten!
Hab`n Se`n etwas aufgefrischt,
Ist er besser oft wie'n Junger -
Und stets besser als wie nischt!

Ist so'n Mann auch kein Adonis,
Wenn's man bloß `ne Mannsperson is.
Ging die Schönheit auch perdu -
Umso mehr schaut man auf Sie!
Hat er auch vielleicht `ne Glatze -
Nu, einer kriegt se, einer hat se -
Oder hat er'n Doppelkinn,
Gut, dann greift man doppelt hin.
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se'nen Alten!
Hat er auch schon ein'ge Falten,
Die sind bloß am Kopf zu sehn -
`s andre ist vielleicht sehr schön.
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se`nen Alten!
Ist er auch schon dick und breit,
`n Jungen müssen Sie erst füttern,
Und den hab'n Sie schon so „weit".


`n Junger lässt sich schwer bezwingen,
Wenn Sie den Pantoffel schwingen.
`n Alter gibt Ihn' `s Portmone,
Macht die Betten, kocht Kaffee.
`n Junger küsst zwar heiß und mächtig,
Doch ein alter küsst bedächtig -
Was ihm fehlt an Temp'rament,
Das ersetzt er durch Talent.
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se'nen Alten!
Der versteht, gut hauszuhalten.
`n Junger küsst voll Unbedacht
Oft und schnell - drum geb'n Sie acht!
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se'nen Alten!
Der geht wen'ger aus sich raus,
Küßt nicht oft, doch dauert's länger -
Dadurch gleicht sich's wieder aus.

Drum, könn'n Sie kein'n jünger'n haben,
Nehm'n Sie sich `nen alten Knaben.
`s gibt viele dort und hier -
Und wie wär es denn mit mir?
Ich empfehl' mich hier aufs beste,
Hab' `ne heut' sehr schöne Weste;
Lieb' Sie alle aus der Fern' -
Schreib'n Sie mal, ich komme gern.
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se' nen Alten!
Der ist froh, wenn Sie'n behalten,
Der bleibt treu in Ewigkeit,
Wird immer treuer mit der Zeit.
Nehm'n Se'nen Alten, nehm'n Se'nen Alten!
Der küsst voller Liebesqual,
Denn er denkt bei jedem Kusse:
Huch - `s ist vielleicht das letzte Mal!

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