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Spannende Erzählkunst

Der "Wagen" thematisiert die Schattenseiten der Menschheit. Die erste titelgebende Erzählung fasst Berdt Seites eigene traumatische Fluchterfahrungen in literarische Erzählkunst, bis die Grenzen von Vergangenheit und Zukunft schmelzen. Die andere widmet sich der biblischen Geschichte der Sintflut und interpretiert die Arche-Noah in einer ganz neuen Variante.

Die Pfaueninsel unter Friedrich Wilhelm III. (1797-1840)

Die Pfaueninsel unter Friedrich Wilhelm III. (1797-1840)

Theodor Fontane

Mein Herz ist König im Land,
Ich herrsch` im Garten der Rosen.

                                                    Uhland

Die Anfänge der Zauberinsel fallen bereits in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. Der Schilfgürtel, der die Insel vor jedem Zutritt zu bergen schien, wurde mittelbar die Ursache, dass sich ihre Schönheit zu erschließen begann. Darin nisteten nämlich zahllose Schnepfen und Enten, die den jagdlustigen König erst bis an den Rand der Insel, dann auf diese selber führten. Einmal bekannt geworden mit dieser Waldesstille, die ihm bald wohler tat als die Aufregungen der Jagd, lockte es ihn öfter, vom nahen Marmorpalais, zu Kahn hinüber. Auf der schönsten Waldwiese der ihm lieb gewordenen Insel waren die reichen orientalischen Zelte, die ihm irgendein Selim oder Mahmud geschenkt hatte, bereits vorher ausgespannt worden. Die Musik schmetterte; Tänze und ländliche Spiele wechselten ab; so vergingen die Stunden. Erst mit der sinkenden Sonne kehrte man zurück.
Seine Lust an diesen Fahrten war so groß, dass er die Insel vom Potsdamer Waisenhause, dem sie durch eine Schenkung Friedrich Wilhelms I. zugefallen war, ankaufte. Vor Ablauf von drei Jahren war das Eiland zu einem gefälligen Park umgeschaffen, mit Gartenhaus und Meierei, mit Jagdschirm und Federviehhaus und einem Lustschloss an der Nordwestspitze. Die Zeichnung zu diesem soll von der Gräfin Lichtenau herrühren, die das Motiv dazu einem verfallenen Schloss in Italien entnahm, das zwei oben mit einer Brücke verbundene Türme,
unten aber, zwischen den beiden Türmen, ein großes Bogentor zeigte. Wir halten diese Erzählung für glaubhaft. Die Lichtenau dilettierte in Kunstsachen und nicht ganz ohne Talent. Esprit und Geschmack zählen bekanntlich zu den Vorrechten aller Damen aus der Schule der Lais.

Nach dem Tode des Königs lag die Annahme nahe, dass die zehn Jahre unter Friedrich Wilhelm II., genau wie die sieben Jahre unter Kunckel, eine bloße Episode im Leben der Pfaueninsel sein würden. Friedrich Wilhelm III., in allem gegensätzlich gegen seinen Vorgänger und diesen Gegensatz betonend, machte doch bei der Pfaueninsel eine Ausnahme und wandte ihr von Anfang an eine Gunst zu, die, bis zur Katastrophe von 1806, alles daselbst Vorhandene liebevoll pflegte, nach dem Niedergange der napoleonischen Herrschaft aber diesen Fleck Erde zu einem ganz besonders bevorzugten machte. Ohnehin zu einem kontemplativen Leben geneigt, fand der König, aus den Stürmen des Krieges heimgekehrt, die Einsamkeit dieser Insel anziehender denn je zuvor. Was ihm Paretz zu Anfang seiner Regierung gewesen war, das wurde ihm die Pfaueninsel gegen den Schluss hin. Man schritt zu neuen Anlagen und weiteren Anpflanzungen von Gesträuchen und Bäumen, darunter Rottannen und Laubhölzer. Wildfliegende Fasanen machten sich heimisch auf der Insel; neue Bauten wurden aufgeführt. Eine mit Kupfer beschlagene „Fregatte" traf ein, die der Prinzregent dem Könige zum Geschenk gemacht hatte; ein „russischer" Rollberg entstand, eine sogenannte Rutschbahn, und russische Schaukeln setzten sich in Bewegung.

Nach Erwerbung eines ziemlich kostspieligen Rosensortiments und dessen Überführung in vier Spreekähnen nach der Pfaueninsel wurde hier ein Rosengarten angelegt, der einhundertundvierzig Quadratruten mit seltensten Sorten bedeckte. Es folgte ein Wasserwerk mit Dampfmaschine, aus dessen Reservoir der sandige Teil der Insel bewässert werden konnte. Damit war Lebensblut für alle darauf folgenden Verschönerungen gegeben. 1828 ward auch eine reizende, alle Tierarten umfassende „Menagerie" erworben, die sich mit Lennes Hilfe zu einem zoologischen Garten entwickelte. 1830 wurde das Palmenhaus errichtet. Das kleine Eiland stand auf seiner Höhe und war für die damaligen Berliner, besonders für die Jugend, eine Quelle reiner Freude an Tier- und Pflanzenwelt.

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gefunden von Hannelore Eckert 

Quelle: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 3. Teil

            J. G. Cotta`sche Buchhandlung 1925

Fotos: Hannelore Eckert

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