Berlin-Lese

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hrsg. von Fl. Russi & C. Eberhardt

Lieder von Friedrich Silcher

Friedrich Silcher machte sich vorallem einen Namen durch das Sammeln von Volksliedern und der Publikation von Chorsätzen zu traditionellen Liedern. In diesem Heft finden sich zwanzig seiner im Chorsatz SATB gestzten volkstümlichen Lieder.

"Preußenjahre" in Berlin

Dietrich Lincke

300. Geburtstag Friedrich des Großen

Wer nach Berlin reist, kommt an Preußen nicht vorbei. Verschiedene „Preußenjahre" und die damit verbundenen Ausstellungen und Veröffentlichungen haben zu einer geschichlichen Rückbesinnung und zu einem verstärkten Interesse geführt. Besonders 1981, anknüpfend an den 280.Jahrestag der Gründung des Königreichs in Preußen, hatte die Preußenausstellung im Martin-Gropiusbau ein großes Echo ausgelöst. Das damalige sozialdemokratische Stadtoberhaupt von Berlin Dietrich Stobbe (*1938, +2011, Regierender Bürgermeister 1977-81) hatte sich stark für das Projekt eingesetzt, das ihm als gebürtigem Ostpreußen viel bedeutete. (Die neue Staatsbibliothek (l978) und das Internationale Kongreßzentrum (1979) wurden zwar in seiner Amtszeit eingeweiht, aber schon lange vorher konzipiert und begonnen). Die Preußenausstellung wurde demgegenüber von ihm selbst in die Wege geleitet, und sie hat eine lange Wirkung ausgelöst, die wieder zu einer abgewogeneren Beurteilung des preußischen Staatswesens geführt hat. Die durchsichtigen Versuche des NS-Regimes, sich auf preußische Werte zu beziehen, hatten - obwohl durch den 20. Juli 1944 überzeugend widerlegt - paradoxerweise zur Folge, daß gerade die Gegner des Nationalsozialismus Preußen zu einer seiner Ursachen erklärten. Das gipfelte 1947 in der formellen Auflösung des preußischen Staates durch den Alliierten Kontrollrat. Die negative Bewertung, ja, Verteufelung Preußens beherrschte danach noch jahrelang das Bild, bis an die Stelle der Vorurteile wieder das Bemühen um eine sachliche Analyse der Fakten trat. Das galt auch für die Bewertung der überragenden Persönlichkeit des Staatswesens, Friedrichs des Großen. Die Preußenausstellung 1981 hatte hier einen Wendepunkt markiert.

Trotz aller materiellen und geistigen Zerstörungen der Kriegszeit sieht und empfindet der Berlinbesucher wieder, wie sehr die Ära als preußische Hauptstadt die Metropole geprägt hat. Die Souvenirläden Unter den Linden und die Museumsshops sind voller „Preußen-Devotionalien", gerade auch der Hohenzollerndynastie, ihrer Kurfürsten, Könige und Kaiser. Anhand der historischen Zeugnisse läßt sich am besten die Besonderheit eines Landes und seiner Kultur erfassen. Das empfinden offenbar die zahlreichen Touristen in Berlin trotz unserer starken föderalistischen Traditionen ebenso wie in Rom, Paris, London oder Madrid. Deswegen kommt auch dem in die Wege geleiteten Wiederaufbau des Berliner Schlosses (zumindest in seiner äußeren Form, wenn auch nicht in seiner inneren Ausgestaltung) eine so hohe Bedeutung zu. Natürlich ragt es über Preußen hinaus mit seinen Wurzeln in der kurfürstlich-brandenburgischen Zeit und der künftigen Aufgabe als Humboldtzentrum mit den weltweiten ethnologischen Sammlungen.

Statue Friedrich des Großen
Statue Friedrich des Großen

Die preußische Ära ist dennoch die Kernzeit Berlins. Dies zeigte sich wieder deutlich im Jahre 2001, als Preußen seinen 300. Geburtstag beging, und erst recht 2012, dem Geburtsjahr Friedrichs des Großen (24. Januar 1712). Es begann mit einer Feier im Konzerthaus, dem architektonischen Meisterwerk Schinkels, erbaut 1821 als Schauspielhaus in der Mitte des Gendarmenmarkts. Das bot den würdigen Rahmen für die Festansprache des Bundespräsidenten, und es war der Auftakt für eine Reihe bedeutender Ausstellungen und anderer Veranstaltungen in Berlin, aber auch in Potsdam, das in besonderem Maße von dem großen König und seinen Leistungen geprägt ist.

Im Deutschen Historischen Museum ist ohnehin eine ständige Abteilung Friedrich dem Großen und seiner Zeit gewidmet. 2012 wurde sie ergänzt durch eine besondere Ausstellung (21.3.-29.7.) über das wechselnde Bild der Nachwelt von dem Monarchen unter dem Motto „verehrt, verklärt, verdammt". Die Fülle des anschaulichen Materials gibt Anregungen und Anstöße, die andauern werden. Eine weitere bemerkenswerte Ausstellung war im Schloß Köpenick zu sehen, in dem historischen Saal, in dem 1730 das Kriegsgericht gegen den jungen Friedrich und seinen Freund Katte tagte, wegen des berühmten Fluchtversuchs (strafrechtlich als Fahnenflucht eingeordnet). Bekanntlich erklärte sich das Gericht für unzuständig, über den Kronprinzen zu verhandeln, während es Katte bei Stimmengleichheit entgegen dem Wunsch des Königs nur zu lebenslänglicher Haft verurteilte, so daß Friedrich Wilhelm I. selbst die Todesstrafe verfügte. Angeblich mußte der junge Friedrich aus seiner Gefängniszelle die Vollstreckung mit ansehen; so will es zumindest die Legende. Jedenfalls wurde diese einschneidende Phase seines Lebens noch einmal lebendig in der eindrucksvollen Ausstellung, die aber auch den Mut und die Unabhängigkeit der preußischen Justiz zeigte - in einer Zeit , in der das ganz ungewöhnlich war.

Das neue Palais
Das neue Palais

Die aufwendigste und umfangreichste Ausstellung zum Friedrichsjahr (28.4.-28.10.2012) findet jedoch in Potsdam statt. Dafür wurde das Neue Palais von Grund auf renoviert. Es ist ein riesiger Komplex, den Friedrich der Große gleich nach dem 7-jährigen Krieg in nur sechs Jahren (1763-69) errichten ließ, um zu beweisen, daß Preußen trotz der ungeheuren Anstrengungen nicht am Ende war. Dies war in der Tat ein Mammutprojekt - allerdings mit Zugeständnissen in der Bauqualität, die im Laufe der Zeit auch immer wieder zu Mängeln führten. In seinem Äußeren ist das Palais ein Vorbote des Klassizismus, im Innern ein Höhepunkt des Rokoko mit äußerst kostbarer Ausstattung. Diese Pracht sollte demonstrieren, daß Preussen nach kurzer Anlaufszeit das kunsthandwerkliche Niveau Italiens und Frankreichs erlangen konnte.

Anders als Sanssouci, in dessen geschmackvoller und doch unprätentiöser Atmosphäre sich der König selbst so wohl fühlte, sollte das Neue Palais in erster Linie bei offiziellen Anlässen die Staatsgäste beeindrucken, diente also vorwiegend der Repräsentation. Es war aber auch von Anfang an für Besucher offen, wenn der König nicht gerade selbst dort weilte. Der Erhalt des gewaltigen Gebäudekomplexes stellte jedoch nachfolgende Generationen vor Probleme. Im Winter wurde das Neue Palais kaum beheizt und benutzt. Obwohl sogar die DDR Restaurierungsarbeiten durchführen ließ, war es zur Zeit der Wende nur in Teilen zugänglich, in Teilen baufällig. So war die Renovierung ein langwieriges, großes Vorhaben. Äußerlich ist das Gebäude jetzt in seiner eindrucksvollen Form wiederhergestellt, im Innern erstrahlt es zumindest in den 72 Ausstellungsräumen mit ihrer kostbaren Ausstattung wieder im alten Glanz. Es gänzlich wiederzubeleben, ist wohl eine Sisyphusaufgabe. Es immerhin so weit fertigzubringen, wie es jetzt ist, war eine riesige Leistung und ein würdiges Geschenk zum 300. Geburtstag des großen Königs. Nachdem Sanssouci und viele andere meisterhafte Bauwerke im Park von Sanssouci ihre alte Attraktivität schon längst wieder erhalten haben, können nun Preußenverehrer das Neue Palais an die Perlenschnur anreihen.

Die Ausstellung „Friederisiko" (die Bezeichnung klingt etwas gekünstelt und bemüht geistreich) ist mit großem Aufwand und teilweise wirklich geistreich zusammengestellt. Sie ist in 12 Themenkomplexe gegliedert und beleuchtet differenziert die Persönlichkeit Friedrichs des Großen sowie die Charaktere seiner Umgebung und erschließt dabei die vielschichtigen Facetten dieses genialen Herrschers. Der wohl eindrucksvollste Beitrag zum Friedrichsjahr!

Das neue Palais - Teilansicht
Das neue Palais - Teilansicht

Ausgangs - und Endpunkt eines Besuches im friderizianischen Berlin und Potsdam sollte aber das bekannte Reiterdenkmal von Christian Daniel Rauch sein, das von 1839 - 51 entstand und wie ein zentraler Punkt Unter den Linden steht. Dorthin wurde es 1980 aus der Verbannung im Park von Sanssouci sogar noch vom SED-Regime zurückgebracht- in der verspäteten Erkenntnis, daß es sich rächt, die Geschichte zu verleugnen.

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Fotos: Dietrich Lincke; R. Dadder

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