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Schloss am Strom

Christoph Werner:
Schloss am Strom

Die Geschichte vom Leben und Sterben des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel.
Bertuch Verlag 2004.

 

Die große Granitschale vor dem Alten Museum

Die große Granitschale vor dem Alten Museum

Christoph Werner

Dafür war er auf dringende Bitte Schinkels in Bezug auf die große Granitschale nach dessen Willen verfahren. Ich wage es, so hatte Schinkel geschrieben, Ew. Majestät eine allerunterthänigste Bitte vorzulegen, welche lediglich das Beste der Sache zum Zweck hat; sie betrifft die Aufstellung der großen Granitschale für das Museum. Der schönste Raum des Gebäudes, die Rotunde, in welchen diese Schale von Anfang bestimmt war, als sie eine Größe von zwölf bis sechszehn Fuß im Durchmesser erhalten sollte, würde bei der jetzigen Größe von zweiundzwanzig Fuß nicht nur in seiner architektonischen Wirkung zu Grunde gerichtet, sondern verlöre auch den Zweck seiner Bestimmung, indem die Ansicht der zwischen den Säulen aufzustellenden antiken Bildsäulen größtenteils verdeckt werden würde. Neben diesem wichtigen Grunde ist aber noch folgender anderer vorhanden, welcher es höchst wünschenswert macht, die Schale nicht in dem Gebäude aufgestellt zu sehen:

Granitschale im Berliner Lustgarten - Johann Erdmann Hummel
Granitschale im Berliner Lustgarten - Johann Erdmann Hummel

Das Einbringen eines so großen eintausendundsechshundert Zentner schweren Gegenstandes ist eine höchst gefährliche Operation für das Gebäude, indem derselbe nur auf der hohen Kante hineingeschafft, dann aber erst umgelegt werden kann. Hierzu ist ein turmähnliches Gerüst in der Rotunde zu erbauen, welches mindestens aus sechzig Stücken großen Bauholzes bestehen wird, dessen Auf- und Abbau in dem Saale nicht ohne bedeutende Beschädigungen möglich ist, welche gleichfalls viele Kosten nach sich ziehen werden. Der geringste Zufall, z. B. das Brechen eines Flaschenzuges, das Reißen eines Taues, kann ein Unglück für das Gebäude und die darinnen beschäftigten Menschen herbeiführen, welches in seinen Folgen unberechenbar ist.

Dürfte ich mir deshalb allerunterthänigst erlauben, für eine anderweite Aufstellung der Schale einen Vorschlag zu machen, so würde ich glauben, dass dies kolossale Gefäß vor der großen Treppe des Museums im Lustgarten eine ungemeine Zierde für den Platz und für den Eingang des Gebäudes abgeben müsste. Zur Erläuterung dieses füge ich inliegende Ansichts- und Perspektiv-Zeichnungen bei, die ich Ew. Königliche Majestät allerunterthänigst bitte, ansehen zu wollen.

Ew. Königliche Majestät wollen Allergnädigst geruhen, als Grund dieser allerunterthänigsten Eingabe das aufrichtige Bestreben für eine gute und dem Allgemeinen so vorteilhafte Sache und schuldige Pflichterfüllung gegen Ew. Königliche Majestät anzusehen.
In tiefster Ergebenheit ersterbe Ew. Königlichen Majestät allerunterthänigster Schinkel.

Ganz alert, sein Ober-Baurath. Kannte er doch genau die wichtigsten Eigenschaften seines Herrn, nämlich seine Sparsamkeit, daher der Verweis auf die möglichen zusätzlichen Kosten, und zweitens seine Scheu, Menschenleben aufs Spiel zu setzen, sei es im Kriege oder im Frieden, daher der Verweis auf die Gefahren für die dort beschäftigten Menschen, sollte die Schale ins Museum gebracht werden.

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Werner, Christoph. 2004. Schloss am Strom. Die Geschichte vom Leben und Sterben des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. Weimar: Bertuch Verlag

 

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