Einen maßgeblichen Anteil daran, dass Berlin Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands wurde, hatte der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl. Für die Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin stimmten am 20. Juni 1991 328 deutsche Bundestagsabgeordnete, 320 waren dagegen. Zu den Hauptinitiatoren und Befürwortern zählten neben Helmut Kohl vor allem der damalige und heutige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Joachim Vogel, eine deutliche Mehrheit der FDP und in großer Einmütigkeit die Abgeordneten der neuen Bundesländer. Gegen die Hauptstadtverlegung sprachen sich u. a. der Kanzlerkandidat der SPD von 1990 Oskar Lafontaine, der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm sowie als geschlossene Gruppe die bayerische CSU aus. Angesichts des knappen Ergebnisses kam der Haltung Kohls eine entscheidende Bedeutung zu.
Für Kohl gab es zwei Hauptgründe für den Wechsel. Zum einen wollte er das Zusammenwachsen der mehr als 40 Jahre getrennten deutschen Landesteile dokumentieren und fördern, zum anderen war er als studierter Historiker der Auffassung, dass Berlin die gewachsene Hauptstadt der Deutschen sei.
Vor dem Brandenburger Tor verkündete er den Vollzug der deutschen Wiedervereinigung.
Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt und dem Bundestag blieb er der Stadt Berlin verbunden und behielt einen Wohnsitz in der alten Reichs- und neuen Bundeshauptstadt. Das Kanzleramt im Spreebogen entstand nach den noch von ihm veranlassten Plänen.
Über Kohl schreibt Florian Russi*:
In einer friedlichen und unblutigen Revolution erhoben sich 1989 die Bürger der ehemaligen DDR und erzwangen den Sturz des ihnen nach dem 2. Weltkrieg aufgezwungenen sozialistischen Regimes. In einer staatsmännischen Glanzleistung erreichte der damalige westdeutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (s. dort) die Zustimmung und Unterstützung der ehemaligen Siegermächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich zur deutschen Wiedervereinigung in »Frieden und Freiheit«.
Was fast niemand mehr für möglich gehalten hatte, wurde innerhalb eines Jahres verwirklicht. Jetzt wuchs, wie es der Altkanzler und Vater der neuen deutschen Ostpolitik, Willy Brandt (s. dort) formulierte, »wieder zusammen, was zusammen gehört«.
Zugleich wurde das vereinte Deutschland ein integraler Teil der Europäischen Union.
*Florian Russi: Worauf wir stolz sein können. Eine Recherche. Bertuch Verlag, Weimar, 2. Aufl. 2005.
******
Bildnachweise
oben links: Bundesarchiv, B 145 Bild-F074398-0036 / Engelbert Reineke / CC-BY-SA (Ausschnitt)
oben rechts: Bundesarchiv, B 145 Bild-F082413-0020 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA (Ausschnitt)
unten links: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1222-034 / Oberst, Klaus / CC-BY-SA
Alle drei Dateien sind lizensiert unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland.