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Das Kleistgrab

Das Kleistgrab

Dietrich Lincke

Am Kleinen Wannsee (Bismarckstraße, zehn Gehminuten vom S-Bahnhof) bezeichnen zwei bescheidene Grabsteine die Stelle, an der Heinrich von Kleist und seine Gefährtin Henriette Vogel bestattet sind. Am 21. November 1811 erschoss Kleist dort erst sie und dann sich selbst. Er war gerade 34 Jahre alt. Er hatte ein unruhiges, krisenreiches und immer wieder unglückliches Leben geführt und sehr unter der preußischen Niederlage 1806/07 und der anschließenden napoleonischen Besetzung seines Landes gelitten. Sein umfangreiches und vielseitiges Schaffen hatte wenig Anerkennung gefunden.

Der Freitod aber „brachte Kleist jene Aufmerksamkeit, die man dem Dichter zu Lebzeiten stets versagt hatte."(1) Es brauchte Generationen, bis die Größe, Tiefgründigkeit und Vielschichtigkeit der Dichtungen Kleists voll erfasst wurde und damit auch mehr von den Hintergründen und der Tragik seines Todes.

Die beiden Grabsteine am Kleinen Wannsee vermitteln immerhin ein Gespür dafür, vielleicht gerade weil sie so schlicht und schmucklos in der kleinen, kaum gepflegten Grünanlage stehen. Auf dem Grabstein sind die Worte eingemeißelt, die Kleist den Prinzen von Homburg sagen ließ: „Nun o Unsterblichkeit bist ganz mein!"(2) Das klingt wie ein tröstliches Fazit. Natürlich weiß man nicht, ob Kleist selbst diesen Satz auch ausgewählt hätte. 10 Jahre vor seinem Tod schrieb er wie in einer Vorahnung:

„Nachruhm! Was ist das für ein seltsames Ding, das man erst genießen kann, wenn man nicht mehr ist."(3)

Es steht zu hoffen, dass auch sein Grab besser gepflegt wird und dass sich dort wieder einmal Blumen finden werden.

 

(1) Arno Pielenz „Kennst Du Heinrich von Kleist", Bertuch Verlag, Weimar 2007 S. 9

(2) Prinz Friedrich von Homburg V / 10

(3) Brief an Wilhelmine von Zenge, 15. August 1801, zitiert nach Arno Pielenz a.a.O. S.134

 

 

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Fotos: Dietrich Lincke

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