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Der Drachenprinz

Märchen, Sagen und Geschichten aus der Mitte Deutschlands.

Schloß Köpenick

Schloß Köpenick

Dietrich Lincke

Schloss Köpenick liegt für den Berlin-Besucher „etwas außerhalb", im Südosten der Stadt. Aber es lohnt sich, den Abstecher zu machen. Viele Wege führen dorthin: die S-Bahn bis zum Bahnhof Köpenick, dann eine Viertelstunde Fußmarsch bzw. mit der Straßenbahn (Tram) 60, 63 oder dem Bus 169 bis zum Schlossplatz; eine andere S-Bahn-Linie bis Schöneweide und mit der Tram 67 oder dem Bus 167 zum Schloss. Man kann auch bis zum S-Bahnhof Treptower Park fahren und schon dort den Bus 167 nehmen oder - viel malerischer - im nebenan gelegenen Hafen einen Dampfer nach Köpenick besteigen. Wer sich völlig auf den Wasserweg begeben will, findet im Stadtzentrum an der Spree Anlegestellen für Schiffe, die ihn zum Treptower Hafen bringen, wo er normalerweise umsteigen muss. Die meisten Ausflugsdampfer fahren dann zum Müggelsee und legen zwischendurch am Schloss Köpenick an. Dort kann man auch ein oder zwei Schiffe überspringen, bevor man über reizvolle Wasserwege zur Endstation am Müggelsee weiterfährt. Von dort geht es mit dem gleichen Schiff auf derselben oder einer leicht abgewandelten Strecke zurück. So lässt sich der Schlossbesuch durch einen beschaulichen Ausflug einrahmen.

Aber auch für sich allein ist Schloss Köpenick einen Besuch wert. Es ist etwas älter als das berühmte Schloss Charlottenburg und wesentlich kleiner, dafür aber in der Substanz erhalten geblieben, während Charlottenburg im II. Weltkrieg zum größten Teil zerstört wurde und wiederaufgebaut werden musste. In Köpenick war aber die ursprüngliche Einrichtung schon lange verloren gegangen, und das Schloss ist heute mit vielen Schätzen des Berliner Kunstgewerbemuseums ausgestattet, denen es eine würdige Heimstatt bietet. In seinem Wirtschaftsgebäude befindet sich ferner die Schlosskapelle, in der während der warmen Jahreszeit sonntags um 17 Uhr Andachten mit Orgelkonzerten stattfinden. Außerdem werden immer wieder Konzertreihen veranstaltet (in der Kapelle oder im - größeren - Aurorasaal des Hauptgebäudes).

Das Schloss steht auf einer Insel zwischen der Dahme und ihrem Seitenarm Frauentrog, kurz vor der Mündung des Flusses in die Spree. Dieser Lage verdankt auch der Ort Köpenick seine Entstehung. Schon in der Bronzezeit wurde die Schlossinsel durch einen Graben von der heutigen Köpenicker Altstadtinsel abgetrennt, die dann zusätzlich durch einen Burgwall geschützt wurde. Daraus entstand bereits in slawischer Zeit (bis ca.1200) eine Burg, die im Zuge der deutschen Besiedlung übernommen bzw. weiter ausgebaut wurde. Im 14.Jahrhundert wurde daraus ein Kastellburg, an deren Stelle Kurfürst Joachim II. (1535 - 1571) ein Renaissanceschloss errichten ließ. Auch davon sind nur noch einige Fundamente zu sehen. In der Zeit des Großen Kurfürsten (1640 - 1688) nahm das Schloss seine endgültige Gestalt an: 1677 begann der Umbau, 1690 war er vollendet. Schon 1669 hatte der Große Kurfürst die Nutzung des Amtes Köpenick seinen beiden ältesten Söhnen übertragen. Nach dem Tode seines Bruders wurde Friedrich 1674 Kurprinz (Thronfolger) und alleiniger Besitzer des Schlosses. Während er in den Wohnflügeln des alten Renaissanceschlosses residierte, ließ er von dem holländischen Architekten Rutger van Langevelt das neue Barockschloss errichten. Diese Zeit war überschattet von einem schweren Streit mit seinem Vater, der ihn sogar teilweise enterben wollte. Dieser Konflikt fand bleibenden Niederschlag in der Ausgestaltung des neuen Schlossgebäudes: Im repräsentativen Wappensaal ließ Friedrich außer dem brandenburgischen Staatswappen sämtliche Wappen der 18 damaligen kurmärkischen Länder darstellen, um seinen Anspruch auf das ungeteilte Territorium darzustellen. Nachdem er selbst auf den Thron gekommen war (1688-1713, zunächst als Kurfürst Friedrich III., seit 1701 als König in Preußen Friedrich I.), nutzte er Köpenick kaum noch für Residenzzwecke, sondern in erster Linie als Jagdschloss. Unter seinem Sohn, dem „Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1713 - 1740), setzte sich diese Tendenz fort. Dennoch wurde der Wappensaal erneut zum Austragungsort eines - noch weitaus schwereren - Vater-Sohn-Konfliktes im Hause Hohenzollern: Im Oktober 1730 tagte ebenda auf Befehl des Königs das berühmt gewordene Kriegsgericht im Verfahren gegen den „desertierten Obristlieutenant Fritz", den nachmaligen „alten Fritz", und seinen Freund Katte. Das Gericht weigerte sich, Todesurteile auszusprechen, so dass der König selbst die Todesstrafe für Katte anordnete. Sie wurde bekanntlich in der Festung Küstrin vollstreckt, und der Kronprinz musste von seinem Fenster aus zusehen, wie der Freund enthauptet wurde. Während seiner Regierungszeit (1740 - 1786) entwickelte Friedrich der Große verständlicherweise keine freundlichen Gefühle für das Köpenicker Schloss, den Ausgangspunkt einer seiner schwersten Lebenskrisen, er machte es zum Witwensitz. 1804 verkaufte die Krone das Anwesen, und es kam in Privatbesitz, bevor es die königliche Domänenverwaltung 1818 wieder erwarb. Sie nutzte es aber wenig standesgemäß - nacheinander als Gefängnis, Lehrerseminar und Studentenheim.

Unter der SED-Herrschaft diente es zunächst als „Volkshaus". l963 erhielt es jedoch erneut eine herausragende Funktion. In seinen Räumen wurden die im Osten verbliebenen Schätze des Berliner Kunstgewerbemuseums aufgestellt (ein Großteil der Sammlungen befand sich im Westen und kam dort ins Charlottenburger Schloss, bis l985 ein eigenes Museumsgebäude auf dem Kulturforum am Potsdamer Platz fertiggestellt war.) Nach der Wiedervereinigung blieb es bei dieser Aufteilung.

Das Köpenicker Schloss wurde von 1994 - 2004 durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz großzügig restauriert und behutsam für die Bedürfnisse eines modernen Museums ausgestattet. Dabei kommt weiterhin zur Geltung, dass das Gebäude ein Kunstwerk aus eigenem Recht ist. Mit seinen fast durchgehend erhaltenen Barockstukkaturen und -deckengemälden verfügt es über ein in Norddeutschland einmaliges Gut, angesichts der vielen Lücken, die der Zweite Weltkrieg überall gerissen hat. Das größte Juwel ist der Wappensaal.

Wenn auch die Ausstellungsgegenstände aus dem Kunstgewerbemuseum kaum etwas mit der eigenen Geschichte des Schlosses zu tun haben, sondern aus vielen Gegenden Deutschlands. auch z. B. aus Italien und Frankreich stammen, so fügen sie sich doch gut in seine innere und äußere architektonische Gestaltung ein. Das gilt für die Möbel und das übrige Inventar, sogar für die kompletten getäfelten Zimmer aus anderen Schlössern und Patrizierhäusern. Es gilt erst recht für die reichhaltige und prächtige Porzellansammlung, hauptsächlich Services und Figuren der Königlich Preußischn Porzellanmanufaktur (KPM). Den Höhepunkt stellt das große Tafelservice dar, das Friedrich der Große für das Breslauer Stadtschloss fertigen ließ und das heute den ihm gebührenden Platz in der „guten Stube", im Wappensaal, einnimmt.

Der berühmteste Schatz des Museums ist jedoch das Große Silberbuffet, das seit dem 17. Jahrhundert seinen Platz in dem von Schlüter geschaffenen Rittersaal des Berliner Schlosses hatte. Dies war nicht nur dem künstlerischen Rang des Prunkstücks geschuldet, sondern es wurde auch als Kern des brandenburgisch - preußischen Staatsschatzes zur Schau gestellt. Im Barock war es ein Symbol für die Macht und Bedeutung des Staates. Im Vergleich zum zerstörten Berliner Rittersaal ist der Rahmen in Köpenick sehr schlicht, aber das ursprüngliche Arrangement ist erkennbar: auch hier stehen gegenüber dem Silberbuffet zwei Thronsessel, auf denen der Große Kurfürst tatsächlich gesessen haben soll.

Wer die Schönheit der Sammlungen und die historischen Reminiszenzen auf sich wirken ließ, kann jetzt, wenn er Glück hat, noch einen musikalischen Genuss anfügen, sich im Schlosscafé stärken oder durch den Schlosspark schlendern. Er kann, sofern noch Zeit ist, die Dampferfahrt fortsetzen oder sich gleich neben dem Schlossgelände ein Solarboot mieten, um damit geräuschlos über die angrenzenden Gewässer zu gleiten. Er kann sich auch für einen kurzen Bummel durch die Altstadt entscheiden, die ihren eigenständigen Charakter bewahrt hat und einige gemütliche Lokale aufweist. Dabei wird man das neugotische Rathaus nicht verfehlen, das 1906 durch den „Hauptmann von Köpenick" berühmt wurde. Sein Schelmenstreich ist untrennbarer Bestandteil der Geschichte - und Folklore - dieses heutigen Berliner Bezirks geworden.

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Fotos: Hannelore Eckert

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