Die Internationale Tourismusbörse findet jedes Jahr Anfang März auf dem Berliner Messegelände statt. Sie hat nicht das ehrwürdige Alter der Internationalen Funkausstellung (seit 1924) und der Grünen Woche (seit 1926), sondern wurde erst 1966 ins Leben gerufen. Trotz anfänglicher Skepsis wuchs sie schnell und kontinuierlich. Heute ist sie weltweit die größte ihrer Art. An den ersten vier Tagen ist sie nur für Fachbesucher geöffnet und dient den Kontakten zwischen Anbietern und Abnehmern, insbesondere Reisebüros, die den Vertrieb übernehmen können. Die ITB nimmt für sich in Anspruch, daß in ihrem Rahmen Geschäftsabschlüsse für jeweils 6 Milliarden € zustandekommen. An den beiden letzten Tagen ist die Messe für das breite Publikum geöffnet. 2012 wurden die Flächen für deutsche Fremdenverkehrsgebiete, -ämter und -betriebe erheblich erweitert. Aber auch die internationalen Anbieter benötigen ein riesiges Areal in den verschiedensten Hallen. Dabei wird jedes Jahr ein Partnerland herausgestellt. 2012 war es Ägyppten, das wegen der politischen Umwälzungen seit 2011 Mühe hat, Touristen ins Land zu locken und gerade auch aus Deutschland weniger Zulauf erhielt. Es setzt deshalb auf die Messe in Berlin große Hoffnungen, 2011 war Polen mit sehr gutem Erfolg Partnerland. 2013 ist Indonesien an der Reihe. Die Länder Südostasiens waren schon 2012 auf Grund ihrer besonderen Anstrengungen ein deutlicher Schwerpunkt, allen voran Thailand, das durch den Tsunami 2004 und die großen Überschwemmungen 2011 schlimme Rückschläge erlitten hat, die es aber mit großem Einsatz zu überwinden sucht.
Ebenso versucht Griechenland mit seinem Beitrag, den ungünstigen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Tourismus zu begegnen. Die ITB ist jedenfalls wie nur wenige internationale Messen ein Gradmesser für die Umwälzungen in der Welt.
2012 waren 187 Länder auf der ITB vertreten. Die Zahl der Aussteller lag deutlich über 10.000, die der Fachbesucher bei fast 120.000, zuzüglich der nahezu 60.000 privaten Interessenten, die an den beiden letzten Tagen die Messe bevölkerten. Auch sie kamen auf ihre Kosten, schlossen gelegentlich individuelle Verträge ab und konnten vor allem Anregungen für künftige Reisen sammeln.
Schließlich gewährt die ITB ein interessantes Bild über wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen auf einem wichtigen Sektor. Als Beispiele seien genannt : die deutliche Tendenz zur Konzentration, das steigende Interesse an Kreuzfahrten - trotz der jüngsten Unglücksfälle, die erstmalige Präsentation eines besonderen Segments für „schwule und lesbische Reisen", allerdings unter englischsprachiger Überschrift.
So gewährt die ITB Aufschlüsse über Vorlieben und Moden nicht nur eines breiten Publikums, sondern gerade auch zahlungskräftiger kleinerer Verbrauchergruppen. Anders als die Grüne Woche hat sie nicht den Charakter eines allgemeinen Volksfestes. Sie bietet auch nicht die gleiche Fülle an kulinarischen Kostproben aus aller Welt, und sie ist nicht unbedingt ein Paradies für Familien mit Kindern, wie es die Grüne Woche sein kann. Die Gestaltung der Stände ist nicht immer so exotisch, wie man es vielleicht erwartet, sondern meist eher sachlich und zweckdienlich.
Die ITB ist also trotz ihrer Größe und Vielfältigkeit weiterhin ein Treffpunkt für Fachleute mit einer Möglichkeit zum „Schnuppern" für Leute, deren Steckenpferd das Reisen ist.
Schätzungsweise 40% der Messebescher kommen aus dem Ausland, d.h. Zehntausende. Das zeigt sich im Stadtbild. Man sieht viele Plakate mit fernen Reisezielen. Außerdem herrscht eine ungewöhnliche Knappheit an Hotelzimmern, deren Preise obendrein für die Dauer der Messe stark hochgeschnellt sind. Wer also wegen - oder trotz - der ITB Anfang März nach Berlin reist, sollte rechtzeitig eine Unterkunft buchen.
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Fotos: Dietrich Lincke