Was nun?
Ein junges Mädchen, wie viele in Berlin, von unersättlicher Leselust befallen, hatte die üble Gewohnheit, des Abends im Bette noch zu lesen, aber - dabei immer einzuschlafen, und sich so der Gefahr des Verbrennens auszusetzen. Die Mutter, sich in den Willen der gebildeten Tochter fügend, hatte der neuen Köchin den Befehl gegeben, an jedem Abende bei der Mamsell nachzusehen, und das Licht zu löschen.
Einst, um Mitternacht, als Madam im tiefsten Schlafe liegt, wird sie von der schreienden Köchin geweckt:
„Madam, Madam! - wat soll ick nu machen?"
„Mein Gott! Was ist denn?"
„De Mamsell..."
„Nun, um Gotteswillen! Sie ist doch nicht zu Schaden gekommen?"
„I nee, des nich, aber se hat det Licht heite allene ausgemacht!"
Spekulation
In einer Destillations-Anstalt hatte der Wirt aus wohlberechneter Industrie eingeführt, dass Jeder, der drei Gläser Schnaps trank, das vierte umsonst bekam; und so tranken denn Viele, statt ihrer gewöhnlichen zwei Gläser, oftmals vier. - Eines Tages trat ein Arbeiter in den Laden und sagte zum Wirte: „Schenken Se mir mal Eenen in: aber jleich den Vierten!"
Vergnügen
Ein Berliner, der durch das Dorf Steglitz ging, sah den Wirt eines dortigen Kruges gerade damit beschäftigt, einen Knaben ganz schrecklich durchzuprügeln. Nachdem dies geschehen, und der Kleine mit einem heftigen Stoße in den Hausflur gestoßen worden, fragte der Herr aus der Residenz den Gastwirt, wer der junge Mann sei, und woher er wäre. „Der is aus de Stadt," erwiderte der Gefragte sehr ruhig. „Es is mein Bruder sein Sohn, un hält sich hier blos zum Verjnüjen een paar Dage uff."
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Quelle: Hundert Jahre Berliner Humor, Verlag der Lustigen Blätter Dr. Ensler& Co. Berlin 1916