Berlin-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Berlin-Lese
Unser Leseangebot

Friedrich W. Kantzenbach
Wüsst ich Dinge leicht wie Luft

Dieses Gedichtsbändchen ist liebevoll gestaltet und mit Fotos versehen. Es wendet sich an Leser, die bereit sind, aufmerksam hinzuhören und sich einzulassen auf die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Schicksal.

Ein Rundgang um die Halbinsel Stralau

Ein Rundgang um die Halbinsel Stralau

Bettina Bartaune

zwischen Spree und dem Rummelsburger See

Zwischen den S-Bahn-Stationen Ostkreuz und Treptower Park liegt auf einer Landzunge die Halbinsel Stralau. Auf der südlichen Seite fließt munter die Spree, auf der nördlichen wird sie vom Rummelsburger See begrenzt. Spaziergänger, Jogger und Angler lieben diese Idylle mitten im hektischen Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Naturnähe und Ruhe auf den 130 Hektar sind überraschend.

Ursprünglich lag das Dorf Stralow (ab 1900 mit dem Namen „Stralau" eingedeutscht) vor den Toren von Berlin und gehörte zu den Besitzungen der Doppelstadt Berlin und Cölln. Der Name Stralau verrät den slawischen Ursprung. Seit dem 13. Jahrhundert ist die Ansiedlung der Spreefischer hier belegt.

Seinen Rundgang beginnt man am besten auf der Südseite an den Grundstücken Alt-Stralau 13 bis 24, wo die Wiege Stralaus liegt. Hier lebten die ansässigen Fischerfamilien. Spaziert man entlang der gepflegten Uferpromenade findet sich direkt im Anschluss die Karl-Marx-Erinnerungsstätte, zwei Reliefstelen aus rotem Sandstein aus dem Jahr 1964 des Berliner Künstlers Hans Kies, die auf einen Kuraufenthalt des Philosophen im Jahr 1837 auf der Halbinsel hinweisen.

Als nächstes gelangt man zur Stralauer Dorfkirche, die in den Jahren 1459 bis 1464 erbaut wurde. Der einschiffige gotische Kirchenbau wurde aus Ziegelsteinen über einem Sockel aus Feldsteinen errichtet. Der Friedhof für die Fischerfamilien hatte bereits seit 1412 bestanden. Damit ist die Kirche eine der ältesten Berlins. Heute liegt der Kirchenfußboden einige Meter unterhalb des Bodenniveaus außerhalb der Kirche. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich immer mehr Schwemmsand angelagert. Sehenswert ist der Schnitzaltar aus dem 16. Jahrhundert sowie die originellen sog. Wendenfratzen. Die Fenster der Dorfkirche zeigen heute noch die Nähe zum Flaschenwerk an, die verarbeiteten Flaschenböden sind deutlich zu erkennen. Glockenturm, Kapelle und ein beschaulicher Friedhof runden das Ensemble ab. 

Der grosse historische Fischzug in Berlin - Stralau
Der grosse historische Fischzug in Berlin - Stralau

Berühmt-berüchtigt war der Stralauer Fischzug, ein seit dem 16. Jahrhundert am Bartolomäustag (24. August) stattfindendes Volksfest, das man auf der Gemeindewiese neben dem Friedhof feierte. Begangen wurde das Ende der Schonzeit für die Fischerei in der Spree, die seit Ostern einzuhalten war. Bis zu 50.000 Menschen versammelten sich jährlich, zunächst das einfache Volk, später Bürger und Adel. Es soll sogar Jahre gegeben haben, an denen die Berliner Oper zum Termin des Fischzuges keine Vorstellung mehr geben wollte, weil die Besucher ohnehin alle lieber nach Stralau gingen. Das wilde Treiben führte im Jahr 1873 schließlich zum Verbot des Festes, denn „man fraß und soff auf dem Friedhof". Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Stralau wegen seiner zahlreichen Gaststätten, Kneipen und Logierbetriebe ein beliebtes Ausflugsziel der Städter. Einige hatten hier Wochenendhäuser errichtet, Angler- und Wassersportvereine hatten sich gebildet. Heute gibt es nur noch zwei Bäcker und einen kleinen Imbiss auf der Halbinsel. Allerdings bevölkern im Sommer Grillende und Erholungssuchende die Wiesen, Parks und Ufer.

An der Spitze der Halbinsel liegt das Schwemmsandgebiet „Schwanenberg". Hier befindet sich eine gepflegte Parkanlage, die mit großen Platanen bestanden ist und im Frühjahr von Krokussen förmlich überwuchert wird. Man hat einen guten Rundumblick auf die anderen Ufer der Spree mit Zenner-Biergarten, Plänterwald und dem ständig rauchenden Zementwerk. Einige exklusive Wohnanlagen sind hier, wie auch im gesamten Uferbereich der Halbinsel, entstanden. 

Weiter geht es entlang der hier seit 1925 ansässigen Hansa-Werft, die Sportboote baut und saniert, und ihrem kleinen Yachthafen mit schönen Blicken über die Rummelsburger Bucht, bis man am Nordufer der Halbinsel nach einem kurzen Spaziergang auf den Palmkernölspeicher der ehemaligen Palmkernöl- und Schwefelkohlenstoffabrik Rengert und Co. trifft. Das Industriedenkmal wurde in den Jahren 1883 bis 1885 errichtet und ist er ein typisches Bauwerk der Gründerzeit. Er zeugt von der starken Industrialisierung der Insel, die ab dem Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte. Auch der zugehörige Schiffsanlegeplatz ist noch erhalten. Heute sind auch hier Lofts und Eigentumswohnungen in der Entstehung.

Unweit davon findet sich der rote Klinkerbau des ehemaligen Flaschenturms der Engelhardt-Brauerei. Das dreiteilige Baudenkmal ist ein typischer Berliner Industriebau aus den 1920er-Jahren. Die Engelhardt-Brauerei hatte in den 1930er-Jahren ein großes Betriebsgelände auf Stralau und war zu dieser Zeit einer der größten Malzbierproduzenten der Welt. Zu Hochzeiten wurden im Flaschenturm täglich ca. 300.000 Bierflaschen befüllt. Das Gebäude wurde in den Jahren 2009 bis 2012 saniert und dient heute Wohnzwecken. 

Hafen Berlin-Stralau
Hafen Berlin-Stralau

Ein weiteres auffälliges Wohngebäude ist mit dem „Goldenen Haus" entstanden, das auf dem Grundstück Alt-Stralau 52-53 liegt und als höchstes Gebäude auf der Halbinsel weithin sichtbar ist. In dem ursprünglichen Bürogebäude waren zwischen 1983 und 1990 Entwicklung und Verwaltung des VEB Kosmetik-Kombinats ansässig. Heute bieten die luxuriösen Wohnungen einen weiten Blick auf die Spree, den Fernsehturm oder den Treptower Park.

Die Zukunft des Glaswerks aus dem Jahr 1890 am Nordufer der Rummelsburger Bucht, das ebenfalls zur Engelhardt-Brauerei gehörte, ist noch ungewiss. Zu DDR-Zeiten stellte der VEB Stralauer Glaswerke hier Bier-, Wein-, Sekt- und Wasserflaschen her. Bis 1997 wurde das Unternehmen von den Nienburger Glaswerken weiter betrieben, bevor es nach einer Havarie schließen musste. Die Ruinen liegen zwischen der Landzunge und den Gleisen der Ringbahn und sind aktuell als Location für Filmdrehs beliebt. 

Ausgehen kann man jedoch davon, dass auch das Glaswerk saniert und die Bebauung der Halbinsel weitergehen wird. Die Wasserlage im Herzen der Stadt macht Stralau zu einem attraktiven Wohngebiet in Berlin, was immer mehr Investoren und Grundstückskäufer anlockt. Zum Glück sind die vorhandenen Parks und Uferwege aber vor deren Zugriff geschützt und werden der Öffentlichkeit weiter als Erholungsraum zur Verfügung stehen. Hier, ganz in der Nähe des Ostkreuzes, endet der Rundgang von ca. fünf Kilometern um die Halbinsel Stralau.

*****

 

Bildquellen:

Vorschaubild, Berlin-Stralau Dorfkirchhof, Wikipedia, A.Savin, (CC BY-SA 3.0)

Der grosse historische Fischzug in Berlin - Stralau - Bundesarchiv, Bild 102-13766 / CC-BY-SA

Hafen Berlin-Stralau, Wikipedia, Necrophorus,  (CC BY-SA 3.0)

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Ein Rundgang um die Halbinsel Stralau


10245 Berlin

Detailansicht / Route planen

Werbung
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen