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Die Botschaft des Sultanats Brunei

Die Botschaft des Sultanats Brunei

Dietrich Lincke

Eine kürzliche Reise nach Brunei gab mir die Idee, dass die Berlin-Lese auch einmal die Botschaft eines kleinen Landes vorstellen könnte, über das noch nicht das meiste bekannt ist, das aber doch ein interessanter Partner für Deutschland ist.

Die Botschaft von Brunei befindet sich im Zentrum Berlins, kaum mehr als 100 Meter vom Gendarmenmarkt. Ihr Büro ist unprätentiös in einem Geschäftshaus (Kronenstraße 55/56) untergebracht. Brunei plant sogar die Errichtung eines eindrucksvollen, repräsentativen Botschaftsbaus im Diplomatenviertel am Tiergarten. Das ist für einen Staat mit knapp 450.000 Einwohnern schon bemerkenswert. Andere Länder dieser Größenordnung haben ihre Vertretung in Brüssel auch zuständig für die bilateralen Beziehungen zu einzelnen Mitgliedstaaten gemacht oder die Botschaft bei ihrer ehemaligen Kolonialmacht, etwa in London (sogenannte Doppel- oder Mehrfachakkreditierungen), also keine permanente Repräsentanz in Berlin.

Brunei unterstreicht mit seiner Botschaft hier jedenfalls, dass es die bilateralen Beziehungen zu Deutschland als besonders wichtig einschätzt. Interessant ist auch, dass das islamische Land hier von 2015 bis 2019 durch eine Botschafterin, Frau Rakiah Hj Abd Lamit, vertreten war, die übrigens einen Tschador zu tragen pflegte.

Im April 2019 erregte die Absicht des Sultans von Brunei Hassan al Bolkiah Aufsehen, die Scharia, das aus dem Mittelalter stammende islamische Recht, einschließlich des Strafrechts für verbindlich zu erklären. Das führte weltweit zu Protesten, besonders von Organisationen der Homosexuellen, die dann die Todesstrafe für ihre Lebensform befürchteten. Das Auswärtige Amt bestellte deswegen sogar die Botschafterin ein. Trotzdem wurde das Gesetz in Brunei verabschiedet. Der Sultan erklärte aber – auch im Hinblick auf die Proteste im Ausland –, dass solche drakonischen Strafen nicht verhängt werden würden.

Der 29. Sultan von Brunei Hassan al Bolkiah, geb. 1946, regiert seit über 50 Jahren (seit 1967). Er ist sein eigener Ministerpräsident, Außen-, Finanz- und Verteidigungsminister. Die Verfassung des Landes von 1959 wurde 1962 teilweise suspendiert. Anstelle eines Parlaments fungiert ein gesetzgebender Rat, dessen Mitglieder vom Sultan ernannt werden. Parteien sind nicht zugelassen. Staatsreligion ist der Islam, dem 79 Prozent der Bevölkerung angehören. Grundlage des Zusammenlebens ist eine muslimisch geprägte Sozialordnung. Armut gibt es für die Staatsbürger nicht; unter illegalen Einwanderern ist sie allerdings zu finden. Das Land kommt ohne eine Einkommensteuer aus. Sein Wohlstand beruht auf reichen Erdöl- und Erdgasvorkommen. Wer darauf tippt, dass Brunei auf der arabischen Halbinsel beheimatet ist, der irrt jedoch. Es liegt in Südostasien, an der Nordküste der riesigen Insel Borneo (über 700.000 km2), von der es nur 5.765 km2 einnimmt; den Löwenanteil hat Indonesien, den kleineren Bereich Malaysia, das Brunei völlig umgibt. Brunei ist nur doppelt so groß wie Luxemburg, hat aber das Kernstück der Erdöl- und Gasvorkommen der Insel.

Borneo war lange wegen seiner Ausmaße nur schwer zu durchdringen und konnte daher bis ins 20. Jahrhundert lediglich an den Rändern wirtschaftliche und kulturelle Zentren entwickeln. Bis ins vorige Jahrhundert gab es im Inneren der Insel noch Kannibalismus.

Seit dem 14. Jahrhundert hatte sich durch arabische Händler in Südostasien der Islam ausgebreitet, auch in den erschlossenen Gebieten Borneos, insbesondere dem Fürstentum Brunei, das damals einen Großteil der Insel kontrollierte. Seine Blütezeit begann aber erst im 16. Jahrhundert. Als die Portugiesen sich auf der Halbinsel Malakka (im heutigen Malaysia) festgesetzt hatten, zogen sich die arabischen Händler von dort zurück und machten die nördlichen Häfen Borneos, besonders Bruneis, zu ihren Umschlagplätzen. Dadurch wurde Brunei zu einem wohlhabenden und wichtigen Land, dessen Einfluss sogar über Borneo hinaus bis in den Archipel der heutigen Philippinen reichte. Wenn man will, kann man eine Parallele zu Luxemburg ziehen. Heute sind beide Länder kleine, aber reiche Fürstentümer, mit einer mächtigen Vergangenheit: Im 14./15. Jahrhundert hatte Luxemburg die deutsche Kaiserdynastie gestellt, vor den Habsburgern. Die Blütezeit Bruneis reichte vom 16. bis ins 18. Jahrhundert. Dann begann sein Abstieg. Im 19. Jahrhundert verlor es die große, an Ressourcen reiche Provinz Sarawak. Es hatte einen britischen Söldnerführer namens Brooke, der über ein Kriegsschiff gebot, zu Hilfe gerufen. Der setzte sich dort aber selbst fest und begründete die Dynastie der „weißen Radschas“, die ihr Gebiet im Laufe der Zeit auf Kosten Bruneis ausweitete, aber ein gut florierendes Staatswesen daraus machte. Das trieb den Sultan von Brunei dazu, sich 1888 unter britisches Protektorat zu stellen. Selbst das konnte ihn nicht davor bewahren, dass der expansionsfreudige Nachbar ein weiteres Stück Land schluckte und damit das geschrumpfte Brunei auch noch in zwei Teile trennte.

Im II. Weltkrieg waren die Erdölquellen im nördlichen Borneo, also auch Brunei ein vorrangiges Angriffsziel Japans, für dessen Kriegsführung diese Energiereserven unentbehrliche Voraussetzung waren. Nach der japanischen Kapitulation kamen die Briten zurück und verleibten sich nun ihrerseits auch noch das Gebiet des „weißen Radschas“ ein. Aber der Rückzug aus ihrem riesigen Kolonialgebiet in Südasien war vorgezeichnet: Nachdem sie Indien 1947 die Unabhängigkeit gewährt hatten, war absehbar, dass Südostasien folgen würde. 1957 bildeten die Gebiete auf der malayischen Halbinsel den Staat Malaya. Das nördliche Borneo, also auch Brunei, blieb aber zunächst noch unter britischer Herrschaft. 1962 schlug Großbritannien vor, dass diese Gebiete mit Malaya vereint werden sollten. Das war nicht im Sinne Sukarnos, des Gründers und Staatschefs von Indonesien, zu dessen Territorium der Hauptteil der Insel Borneo bereits gehörte. Er versuchte mit Waffengewalt, nun auch noch den – bisher britischen – Rest der immensen Insel unter seine Kontrolle zu bringen, konnte sich aber gegen Großbritannien – unterstützt von Australien und Neuseeland – nicht durchsetzen. So wurde aus den Gebieten auf der malaysischen Halbinsel (bisher Malaya) und dem nördlichen Borneo die erweiterte malaysische Föderation gebildet. Brunei entzog sich diesem Zusammenschluss aber in letzter Minute, da der Sultan Bedenken bekam, die reichen Erdöleinnahmen seines Landes in den Staatssäckel der neuen Föderation Malaysia fließen zu lassen. (Bekanntlich schied auch Singapur nach zwei Jahren wieder aus der Föderation aus.) Was Brunei anging, dürfte es eine Rolle gespielt haben, dass die mächtige Shell Oil Company glaubte, mit dem eigenständigen Brunei besser klarzukommen als mit einer großen Föderation.

Der Sultan von Brunei, der seine Ausbildung in der britischen Militärakademie Sandhurst erhalten hat, legte auch keine Eile an den Tag, die Brücken zu Großbritannien abzubrechen. Erst 1971 erhielt Brunei die Unabhängigkeit – mit Ausnahme der Außenpolitik und der Verteidigung. 1984 fiel auch diese letzte Einschränkung. Aber noch heute steht in Brunei ein Gurkha-Bataillon, d. h. eine Einheit der Elitetruppe des einstigen British Empire. Sie ist die einzige, die heute noch außerhalb Großbritanniens stationiert ist, und wurde auch von Kronprinz Charles, der Brunei mit seiner Gemahlin während seiner Commonwealth-Reise 2017 besuchte, entsprechend wahrgenommen. Der Zufall wollte es, dass ich diesen Beweis lebendiger Tradition bei einer kurzen Reise nach Brunei mitbekam.

Solche Reminiszenzen können aber nicht verdecken, dass die Nachkommenschaft des britischen Empire überall erwachsen geworden ist. Der Sultan von Brunei hat dafür die nötigen Mittel. Er galt über Jahre hinweg als der reichste Mann der Welt. Heute taxiert man sein Vermögen auf 20 Milliarden US-Dollar. Vielleicht ist er trotzdem nur noch der zweitreichste Monarch nach dem König von Thailand, dem 30 Milliarden US-Dollar zugetraut werden. Auf jeden Fall stellen beide die Kollegen von der arabischen Halbinsel, zumindest im persönlichen Vermögen, in den Schatten. Der Sultan von Brunei besitzt in der Tat das größte Residenzgebäude der Welt – mit 200.000 m2 Wohnfläche, 1531 Gemächern und 257 Badezimmern; das ist mehr als das 4-Fache von Versailles. Sein Bruder Jefri, der frühere ausgabenfreudige Finanzminister, ließ auf einem riesigen Parkgelände ein „Gästehaus“ mit 523 Zimmern einrichten: Kosten seinerzeit (Ende des 20. Jahrhunderts) 1,1 Milliarden US-Dollar. Normalerweise dürften so viele Staatsgäste kaum zusammenkommen. So wurde die pompöse, aber durchaus elegante Anlage in ein „Empire and Country Hotel“ umgewandelt (einige der folgenden Bilder sollen einen kleinen Eindruck vermitteln). Das ausgeuferte Projekt mag einer der Gründe dafür sein, dass der Sultan lieber sein eigener Finanzminister geworden ist.

Er selbst hat ein anderes „Hobby“. Er sammelt Luxuskarossen wie Rolls Royces und Ferraris, inzwischen angeblich Tausende, deren Wert sich insgesamt auch auf mehrere Milliarden US-Doller belaufen soll.

Gegenüber diesen Schlaglichtern, die ein wenig die Klischees vom märchenhaften Reichtum des Morgenlandes aufblitzen lassen, deuten die Wirtschaftsdaten des kleinen Landes keineswegs auf irgendeinen Boom, zeigen aber seine solide Finanzlage. Das Bruttosozialprodukt belief sich 2017 auf 12,1 Milliarden US-Dollar (das ist auf die Einwohnerzahl bezogen in der gleichen Kategorie wie Deutschland). In den letzten Jahren gab es allerdings kaum ein Wirtschaftswachstum. 2017 betrugen die Einfuhren 2,7 Milliarden US-Dollar, die Ausfuhren 5,7 Milliarden, hauptsächlich Erdgas und Rohöl. Mit China wurde ein Joint Venture über den Bau einer Erdöl-Raffinerie für etwa 3,4 Milliarden US-Dollar vereinbart.

Die außenwirtschaftliche Orientierung Bruneis wird darin deutlich, dass der Brunei-Dollar im Wert identisch mit dem Singapur-Dollar gehalten wird, also praktisch an ihn gebunden ist.

Politisch, aber auch wirtschaftlich sind die Kontakte zu China gut. Der Sultan war oft in China, besonders zum Besuch wichtiger Messen. Im November 2018 kam der chinesische Präsident Xi Jinping zu einem Staatsbesuch nach Brunei. China gibt sich Mühe, sein Interesse an guten Beziehungen „auf Augenhöhe“ zu betonen, zumal Brunei auch Mitglied des Zusammenschlusses der südostasiatischen Staaten ASEAN ist.

Traditionell hat die frühere „Schutzmacht“ Großbritannien einen guten Stand. Das färbt auch auf die Beziehungen zu Australien und Neuseeland ab.

Demgegenüber gibt es zu Deutschland trotz der beiden Botschaften in Berlin und der bruneischen Hauptstadt Bandar Seri Begawan noch nicht so viele Anknüpfungspunkte.

Der Tourismus steckt in den Kinderschuhen, die Attraktionen halten sich auch im Rahmen verglichen mit den größeren Nachbarländern. Ein Pluspunkt sind aber die Naturschutzgebiete, deren Erhalt sich Brunei wirtschaftlich erlauben kann – im Vergleich zu den Nachbarn, die unter der Verdrängung des Urwaldes und seiner Tierwelt durch die Ölplantagen leiden.

So mag manchen Touristen Brunei als Geheimtipp erscheinen.

*****

Fotos: Dietrich Lincke

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