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Königlich Thailändische Botschaft

Königlich Thailändische Botschaft

Dietrich Lincke

Thailand ist in Deutschland wegen seines exotischen Flairs und seiner touristischen Anziehungskraft beliebt. Das fruchtbare Land – u.a. größter Reisexporteur - ist besonders an den Küsten von bestechender landschaftlicher Schönheit. Das 70-Millionen-Volk verkörpert die charmante und freundliche Seite Asiens. Das schließt nicht aus, daß in Thailand auch scharfe Konflikte aufbrechen können. Das Militär hat in den letzten Jahrzehnten wiederholt in die Politik eingegriffen. Über allem aber thronte unangefochten die Monarchie, deren Macht seit 1934 allerdings nicht mehr absolut, sondern verfassungsmäßig eingeschränkt ist.


Seit 1946 herrschte König Bhumibol Adulyadej. Die meisten Thailänder haben nie einen anderen König gekannt. Er genoss große Verehrung im Volk, und sein Tod am 13. Oktober 2016 löste tiefe Bestürzung aus, die ich dort miterlebt habe. Die Regierung verkündete für ein Jahr Staatstrauer und forderte die Bevölkerung auf, dies durch entsprechende Trauerkleidung zu bekunden. Das sonst so farbenfreudige Volk trug schwarz oder weiß (in Asien ebenfalls eine Trauerfarbe), und zwar in allen Schichten. Millionen Thailänder strebten zum Königspalast in Bangkok, um dem Monarchen die letzte Ehre zu erweisen. Er war für sie der Garant des Zusammenhalts und der Kontinuität des Staates, über zivile und militärgeführte Regierungen und über gewaltsame Konflikte der Parteien hinweg. Für den Nachfolger ist es schwer, in seine Fußstapfen zu treten, zumal er persönlich nicht über das Ansehen seines Vaters verfügt. Aber die Monarchie ist als Institution fest verankert..

Der königliche Glanz des Landes lässt einen prächtigen Botschaftsbau erwarten - etwa wie bei den arabischen Golfstaaten. Stattdessen macht die thailändische Vertretung einen eher preußisch- nüchternen, sachlichen und zweckbestimmten Eindruck. Ein eigenes Botschaftsgebäude hatte das Land erst nach dem II. Weltkrieg in Bonn errichtet. In Berlin (West) eröffnete es ein Generalkonsulat, zunächst in der Podbielski - Allee im vornehmen Dahlem. Nach der Wiedervereinigung erstand Thailand ein Grundstück in der Lepsiusstraße, Berlin-Steglitz. Dies ist eine „ ruhige, gutbürgerliche" Nebenstraße, allerdings unweit der Schlossstraße, einer der beliebtesten „Shopping-Meilen" Berlins. Ein typisches Diplomatenviertel ist die Gegend nicht, und so ist man angenehm überrascht, wenn man dort die thailändische Nationalflagge wehen sieht. Als das Generalkonsulat einzog, stand auf dem Grundstück eine typische Berliner Stadtvilla des ausgehenden 19. Jahrhunderts - mit einem großen Vorgarten. So war Raum für ein modernes Gebäude vorhanden, das dann in sehr gediegener Form errichtet wurde und das sich in die Straßenfront der benachbarten Mietshäuser einfügt. In der Mitte des Baus befindet sich ein breiter dreistöckiger Torbogen, der den Blick auf die alte Villa freigibt. Ihre Fassaden wurden liebevoll erhalten. Im Innern wurde der Altbau allerdings umgestaltet, so dass er heute Säle für Ausstellungen und buddhistische Gottesdienste bietet. Der Neubau beherbergt die Büroräume der Botschaft. Dies signalisiert, dass hier die vielfältigen Verbindungen zwischen Thailand und Deutschland sachlich und effizient gepflegt werden, und zwar nicht abgehoben, sondern inmitten eines typischen Berliner Wohnviertels.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten haben im Übrigen eine längere Tradition als bei den meisten anderen asiatischen Ländern. Dies hängt damit zusammen, dass neben China und Japan allein Thailand (damals Siam genannt) seine Eigenständigkeit in der Zeit des Kolonialismus erhalten konnte. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts kamen immer wieder europäische Reisende, Kaufleute und Missionare ins Land, zuerst die Portugiesen, dann die Holländer, Engländer und Franzosen, im 17. Jahrhundert vereinzelt Deutsche, die zu Hause Berichte über ihre Eindrücke veröffentlichten. Die siamesischen Herrscher verstanden es geschickt, die ausländischen Mächte - insbesondere England und Frankreich - gegeneinander auszuspielen. Im 18. Jahrhundert drangen vorübergehend Eroberer aus dem benachbarten Burma, die große Zerstörungen anrichteten, in Siam ein, wurden aber schließlich wieder hinausgedrängt. Im 19. Jahrhundert waren Großbritannien (im Süden und Westen) und Frankreich (im Osten) bestrebt, ihre Kolonialreiche auf siamesische Territorien auszudehnen. Dabei musste der bedrängte Staat einige „Federn lassen". Das Kerngebiet Siams blieb aber frei und unabhängig und konsolidierte sich. Man holte europäische Fachleute zur Modernisierung ins Land. So wurden Mitte des 19. Jahrhunderts auch die Kontakte zu Deutschland intensiver. 1858 schlossen die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck einen Handelsvertrag mit Siam. 1862 kam der umfassende „Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag" mit Preußen zustande, der nach dem deutschen Chefunterhändler "Eulenburg-Vertrag" genannt wird. Auf dieser Grundlage wurde 2012 der 150. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern hochrangig gefeiert.

1881 wurde der erste ständige Vertreter Thailands, ein königlicher Prinz, nach Berlin entsandt. Die wirtschaftlichen Kontakte hatten erheblich an Bedeutung gewonnen. Deutsche Geschäftsleute und Ingenieure erlangten einen entscheidenden Anteil am Aufbau der Infrastruktur des Landes - der Eisenbahnlinien, des Kommunikationssystems, auch der Häfen. Die benachbarte britische Kolonialmacht sah dieses Engagement mit sehr gemischten Gefühlen und versuchte gegenzuhalten. Im I. Weltkrieg wurden die deutschen Investitionen allerdings wie fast überall beschlagnahmt und enteignet. Aber danach lebten die unterbrochenen Kontakte wieder auf. Ähnlich geschah es nach dem II. Weltkrieg. Thailand gewann als freiheitliche Hochburg in Südostasien während des Vietnamkrieges sehr an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung, und die Bundesrepublik Deutschland wurde zum Verbündeten des Westens. Das war eine gute Voraussetzung für die bald prosperierenden Wirtschaftsbeziehungen. So wurde 1962 die Deutsche Handelskammer in Thailand ins Leben gerufen. Sie war unter den drei ersten in Asien (nach Indien und Japan) und hat heute über 500 Mitgliedsfirmen. Der Wirtschaftsaustausch wächst weiter, trotz verschiedener schwerer Rückschläge für Thailand (vor allem der Tsunami von 2004 und die Jahrhundert-Überschwemmung von 2011). Immerhin importierte Deutschland 2011 Waren im Werte von rund 4 Mrd. € aus Thailand und exportierte für etwa 3,2 Mrd. €. Bei den großen Gesamtüberschüssen, die Deutschland im Welthandel erzielt, ist es kein Nachteil, wenn es bei einem Partner auch einmal ein Defizit hat. Hinzu kommt der starke Fremdenverkehr aus Deutschland (jährlich ca. 600.000 Besucher), der Thailand erhebliche Deviseneinnahmen bringt. Die Voraussetzungen sind hervorragend: günstiges Preis/Leistungs-Verhältnis, Klima, Landschaft, Begabung für den Service, ein überwiegend gepflegtes, teilweise luxuriöses Hotelwesen: das Paradepferd " Mandarin Oriental" in Bangkok rangiert ganz oben in der Weltrangliste, auch dank der langjährigen Leitung durch einen deutschen Manager. Als Urlaubsoase für ein breiteres Publikum wurde Thailand während des Vietnam-Krieges entdeckt. Damals entstanden unerfreuliche Begleiterscheinungen (Prostitution), die inzwischen bei dem großen Ausbau des normalen Tourismus nicht mehr so ins Gewicht fallen. Wermutstropfen bleiben die gelegentlichen Naturkatastrophen. Die Warnsysteme sind verbessert worden. Zur Vorbeugung gegen Überschwemmungen kann mehr getan werden; das erfordert aber hohe Investitionen, mit denen begonnen wurde.

Die Zahl der Deutschen, die sich ständig in Thailand niederlassen (gegenwärtig etwa 30.000), nimmt zu. Abgesehen von Geschäftsleuten und einigen Kulturschaffenden gehören dazu offenkundig viele Rentner, für die auch bereits Infrastrukturen entstanden sind (Hotelpensionen, Gaststätten, Geschäfte, Arztpraxen). Umgekehrt leben in Deutschland etwa 50.000 Thailänder, viele ebenfalls für ständig, darunter viele Thailänderinnen, die mit Deutschen verheiratet sind (oder waren). Inzwischen hat Deutschland erhebliche gesetzliche Hürden aufgebaut, die diese Entwicklung eindämmen, aber auch Zuwanderungsbereite treffen, die am Arbeitsmarkt gebraucht würden (z.B. Heil- und Pflegeberufe). An thailändischen Restaurants und „Wellness-Zentren" besteht demgegenüber kein Mangel. Viele Deutsche wollen die gute Küche, die sie vielleicht im Urlaub kennen gelernt haben, und auch das exotische Ambiente nicht missen, wird doch Thailand wegen seines vielseitigen Angebots an Nahrungsmitteln oft als die „Küche Asiens" bezeichnet. Umgekehrt gilt aber Ähnliches: deutsche Bräuche, Speisen und Biere gelten bei den Thais als „exotisch" und finden Anklang. Schon vor Jahrzehnten gab es in Bangkok ein „Hofbrauhaus", und es hat inzwischen eine stattliche Nachkommenschaft in Thailand.

Diese volkstümlichen Aspekte sind jedoch sicher nicht das Wesentliche in den bilateralen Beziehungen. Entscheidend ist: es gibt ein großes Interesse am Geistesleben im Partnerland, an der Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung. Davon zeugen die zahlreichen Partnerschaften zwischen Universitäten und Schulen, die 1000 jungen Thailänder, die in Deutschland studieren und die wie ihre zahlreichen Vorgänger das erworbene Wissen nach Hause mitnehmen und dort einbringen werden.


So haben die beiden Botschaften ein weites, vielseitiges Arbeitsfeld über die Betreuung ihrer Staatsbürger hinaus. Sie werden unterstützt von den konsularischen Vertretungen: Generalkonsulat in Frankfurt a.M., Honorargeneralkonsulate in Hamburg und München, Honorarkonsulate in Düsseldorf, Essen, Karlsruhe und Stuttgart; Honorarkonsulate in Chiang Mai (im Norden) und Phuket (im Süden Thailands). Dies verstärkt die ohnehin schon vorhandene Breitenwirkung der beiderseitigen Beziehungen.

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Fotos: Dietrich Lincke

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