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Die verlassene Schule bei Tschernobyl - Lost Place

Nic

Am 26. April 1986 kam es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen. Die freigesetzte Radioaktivität entsprach dem zehnfachen der Atom-Bombe von Hiroshima 1945. Erst drei Tage später wurde die 3 km entfernte Stadt Prypjat evakuiert und alle Bürger mussten ab 14 Uhr "vorübergehend" ihren Wohnort verlassen. Seither ist die Mittelschule der Stadt verwaist.

30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Doch genau die machen den Ort sehenswert. Der Großteil der Mittelschule ist in einem unberührten Verfallszustand. Die Wände verlieren ihre Farbe, die alten Schulbücher erinnern an den einstigen Schulalltag. Das Heft zeigt Klassenräumen, Flure, die Turnhalle und die große Schulaula.

Das Heft bietet in der Mitte ein doppelseitiges Poster.

ISBN: 978-3-86397-121-2

Preis: 3,00 €

Das alte Steinkreuz am Neuen Markt

Das alte Steinkreuz am Neuen Markt

Detlev von Liliencron

Um das Steinkreuz an der Marienkirche rangen sich viele Sagen (s. a. Berlin-Lese Rubrik Sagen). Detlev von Liliencron hat sich mit dem Thema satirisch auseinandergesetzt.


Hannelore Eckert

Berlin-Cölln war die Stadt genannt
Und tat viel Lärm verbreiten,
Da lebte mal ein Musikant
In sagenhaften Zeiten.
Der rührte so sein Saitenspiel,
Dass alles auf die Kniee fiel
Vor lauter Seligkeiten.

Doch leider hat der Musikant
Zu viel Bourgogne genossen:
Das schuf ihm manchen Höllenbrand,
Warf ihn in manche Gossen.
Ein greulich Laster trat hinzu:
Er lästert Gott und Himmelsruh
Mit seinen Teufelsglossen.

Einst, als die Welt ihm schwankend schien,
Er war halt stark im Trane,
Stieg er den Turm von Sanct Marien
Hinauf im Söffelwahne.
Und auf der Plattform oben, quiek,
Geigt er die weltlichste Musik
Dem guten Kirchenhahne.

Ach, das war wahrlich kein Choral,
Das waren Tanz und Weisen,
Und üppige Lieder, die dem Baal
Gefallen und ihn preisen.
Und schaudernd hört der Kikeriki
Die grauenhafte Blasphemie
Und möchte stracks verreisen.

Die Bürger unten bleiben stehn
Und traun kaum ihren Ohren,
Begreifen nicht, wie konnts geschehn,
Und murren und rumoren.
Und jeder sieht schon, dass er fällt,
Sich Schädel und Genick zerschellt,
Und hält ihn für verloren.

Gottvater hat es auch gehört,
Und denkt: Mein Musikante,
Du bist zwar sehr vom Wein betört
Und torkelst an der Kante.
Du bist ein liederliches Vieh,
Doch bist und bliebst du ein Genie,
Das ist das Amüsante.

Drum gönn ich eine Lehre dir;
Du wirst sie, hoff ich, nutzen!
Das zweite Mal, mein Herr Pläsier,
Darfst du nicht wieder trutzen!
Nun paß mal auf: Jetzt sag ich eins
Und zwei und drei, und nochmal eins,
Dann wird der Sand dich putzen.

Und Purzel- Purzel- Purzelbaum,
Kopf, Arm, Bein, ohne Pause,
Wie Ikarus, durch Wind und Raum,
Geht's abwärts im Gesause.
Und schwapp, da liegt der Fiedelhans,
Ist nüchtern wie `ne Stoppelgans,
Steht auf und - geht nach Hause.

Das Volk schreit: Ein Miraculum!
Und tut den Platz anstieren,
Und dreht sich rechts und links herum
Und kann es nicht kapieren.
Und stiftet, während Domgeläuts,
Da wo er fiel, ein steinern Kreuz,
Den Teufel zu vexieren.

Der Musikant hat niemals nie
Den Weinkrug mehr gehoben,
Probierte täglich sein Genie,
Um Gott den Herrn zu loben.
Ob er zuweilen doch einmal,
Wer kann das wissen, den Pokal
Ansetzte? Nur zum Proben?

 

 

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Textquelle: Detlev von Liliencron aus „Hurra das Leben", Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart und Berlin 1924

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