Man sieht es an den Besucherströmen: die Museumsinsel ist das eigentliche Zentrum Berlins. Jeder, der ein paar Tage, ja, nur einen Tag in der Stadt verbringt, möchte der Museumsinsel seine Reverenz erweisen, auch wenn er die Zeit für das nahegelegene Kulturforum am Potsdamer Platz oder gar für die Dahlemer Museen nicht aufbringen kann. Auf der Insel, die auch den evangelischen Dom und künftig wieder das Stadtschloß beherbergt, laufen die Fäden eben zusammen.
1999 wurde die Museumsinsel von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Dass ihr diese Einstufung gebührt, daran kann auch vorher nie ein Zweifel bestanden haben. Aber die Ehrung war doch ein zusätzlicher Ansporn für die Deutschen und ihre Regierung, dieses Museumsensemble - schon heute wieder das größte der Welt - in seiner alten Pracht zu erneuern. Die Gebäude hatten im Krieg immense Schäden erlitten. Die Bestände waren zwar zu ihrem Schutze ausgelagert worden, wurden dadurch aber auch weit verstreut.
Der Bunker in Berlin,der einen Teil der Schätze retten sollte, brannte aus. Ein weiterer Großteil der kostbaren Gegenstände wurde von der sowjetischen Siegermacht nach Rußland entführt; sie wurden zwar 1958 überwiegend an die DDR zurückgegeben ( z.B. der berühmte Pergamonaltar ), aber keineswegs alle. Viele der damals aus Deutschland verbrachten Kunst- und Museumsgegenstände (wie der „Schatz des Priamos" aus Berlin, den Heinrich Schliemann 1873 in Troja ausgegraben hat und 1881 dem deutschen Volk schenkte) befinden sich noch heute in der ehemaligen Sowjetunion.
Die innerhalb Deutschlands evakuierten Museumsschätze erhielten zunächst neue Heimstätten in Ost oder West, je nachdem, auf welcher Seite sie sich nach dem Kriegsende befanden. Erst nach der Wiedervereinigung konnten die Sammlungen wieder systematisch zusammengeführt werden. Bekannte Stücke wie die Büste der altägyptischen Königin Nofretete kehrten an ihren früheren Standort zurück.
Charakteristisch für die Museumsinsel war von vornherein (anders als z.B.beim ehemaligen Königspalast Louvre in Paris), dass die Bauten gleich als Museen angelegt und oft sogar für schon erworbene Gegenstände gestaltet wurden.Die fünf großen klassischen Zweckbauten wurden zwischen 1823 und l930 von den bedeutendsten Architekten ihrer Zeit errichtet. Jede war für sich ein architektonisches Kleinod; sie wurden jeweils auf die bereits vorhandenen Gebäude abgestimmt und bildeten daher ein harmonisches Ensemble. Dieses geschlossene Bild wurde bei der Rekonstruktion gewahrt, die mit der Wiedereröffnung des Neuen Museums 2009 in den Grundzügen abgeschlossen ist. Umfangreiche Restaurationsarbeiten im Pergamonmuseum und im Alten Museum bleiben aber durchzuführen und werden noch Jahre andauern. Das bedeutet auch: nach außen weiterhin Baugerüste und in den Museen Teilschließungen einzelner Gebäudeteile mit der Verlegung von Abteilungen, Sammlungen oder Ausstellungsstücken, bevor alles seinen endgültigen, systematisch überzeugenden Platz erlangt hat. Dennoch - die Hauptarbeit ist getan. Das harmonische Ganze der Museumsinsel kommt wieder zur Geltung, und das hat in Berlin wegen der vielen Bombenschäden und der daraus folgenden Baulücken oder mißlungenen Versuche, sie angemessen zu stopfen, großen Seltenheitswert.
Auch Dank der Museumsinsel, auf der zudem der evangelische Dom steht und die von der tradtionellen Achse Unter den Linden überquert wird, kann die Stadt wieder ein Gesicht gewinnen, das natürlich besonders von den historischen Bauten bis zum Brandenburger Tor geprägt wird.
Die Museen sind jedoch nur die halbe Museumsinsel. Die andere Hälfte wird das wiederaufgebaute Schloß sein, das einst das Stadtbild bestimmte, in das sich die Museen eindrucksvoll einfügten. Deshalb ist es für das künftige Erscheinungsbild Berlins so wichtig, dass nun das Schloß seinerseits mit seinen traditionellen Fassaden die Museumsinsel wieder vollenden soll. In seiner künftigen Zweckbestimmung kann es dabei durchaus an preußische Traditionen anknüpfen: es wird als Humboldtforum die Berliner außereuropäischen Museen aufnehmen, die so wieder aüs ihrer Dahlemer Randlage an den Mittelpunkt der Stadt rücken. Sie sind aus dem Museum für Völkerkunde hervorgegangen,das international als eines der größten und bedeuendsten seiner Art galt, im Kriege aber seinen zentralen Bau verlor und deshalb in seinem ehemaligen Magazin installiert wurde. Künftig ganz im Zentrum der deutschen Hauptstadt gelegen, wird es unter dem Namen und im Geiste der Brüder von Humboldt ein Zeichen für deutsche Weltoffenheit setzen.
So wird die Museumsinsel sich als „Gesamtkunstwerk" fortentwickeln. Die fünf einzelnen Museen,die ihr den Namen gegeben haben, verdienen und erhalten jedes für sich eine kurze Beschreibung.Es sind dies - in der Reihenfolge ihrer Entstehung: das Alte und das Neue Museum, die Alte Nationalgalerie, das Pergamon- Museum und das Bode-Museum.
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Fotos: Dietrich Lincke