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Florian Russi

Wir sind die Peene-Kapitäne

Das kleine Heft ist für die Kinder des Kindergarten "Peene-Kapitäne" in Berlin entstanden. Darin finden sich mehrere farbig illustrierte Geschichten, die nicht nur die Fantasie der Kinder anregen sollen, sondern v. a. auch Selbstbewusstsein vermitteln und das "Wir"-Bewusstsein stärken. Die Illustrationen stammen von der Künstlerin Petra Lefin.

Das Heft ist auf Initiative des twsd in Berlin und Brandenburg entstanden.

Die Dahlemer Museen

Die Dahlemer Museen

Dietrich Lincke

Auch wer nur wenige Tage Zeit für einen Berlin-Besuch zur Verfügung hat, sollte einen Abstecher nach Dahlem einbeziehen. Dieser im Südwesten gelegene Ortsteil, der zum Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehört, ist das prestigereichste Villenviertel Berlins und zugleich die Heimat der nach dem Krieg gegründeten Freien Universität. Studenten bestimmen weitgehend das Bild, aber auch den Charakter der Straßen und Geschäfte. Am schnellsten kommt man vom Stadtzentrum mit der U-Bahn dorthin, z.B. vom Wittenbergplatz (KDW) oder vom Fehrbelliner Platz zum Bahnhof Dahlem-Dorf.

Zwei Minuten vom U-Bahnhof entfernt befindet sich der große Museumskomplex, der heute noch das „Ethnologische Museum", das eigenständige „Museum für Asiatische Kunst" und das „Museum für Europäische Kulturen"beherbergt. Die beiden ersten sind ein „Muß" für den Besucher.

Die Sammlungen auf den verschiedenen Gebieten der Völkerkunde haben eine lange Tradition in Berlin. Sie gehen bereits auf das Kunst- und Raritäten-Kabinett des Großen Kurfürsten zurück. 1829 wurde daraus die „Ethnographische Sammlung" gebildet, die 1873 ins „Museum für Völkerkunde" überging. Dieses erhielt 1886 ein eigens errichtetes repräsentatives Gebäude im Zentrum, in der Nähe des Potsdamer Platzes, direkt neben dem glanzvollen Walter-Gropius-Bau, der heute regelmäßig wichtige Ausstellungen präsentiert. Er wurde während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt, inzwischen aber weitgehend wiederhergestellt, während das benachbarte Völkerkundemuseum so arg getroffen war, daß man sich nach dem Krieg für den Abriß entschied. An seiner Stelle befindet sich heute nur noch der geräumige Parkplatz des Walter-Gropius-Baus.

Der bedeutende erste Direktor des Völkerkundemuseums Adolf Bastian und seine Nachfolger hatten den Ausbau der Sammlungen schon vor dem Ersten Weltkrieg so weit vorangetrieben, daß sie einen umfassenden Überblick über das gesamte Arbeitsgebiet gaben. Der Zweite Weltkrieg riß dann tiefe Löcher: nicht nur das Gebäude, sondern auch ein großer Teil der in Berlin verbliebenen Bestände wurde zerstört oder geplündert. Die Mehrzahl der Exponate war allerdings nach Westdeutschland evakuiert worden. So blieben sie erhalten und konnten bald nach dem Krieg nach Berlin zurückgebracht werden.

Da das ursprüngliche Museum trotz seiner Größe nicht mehr alles Material bewältigen konnte, war schon 1912 der Bau eines Magazins in Dahlem in Angriff genommen worden, der 1924 zu einem Teilabschluß kam. Auch dieses war ein großzügiger, geräumiger Bau, und es überstand sogar den Zweiten Weltkrieg als einziger unversehrter Museumskomplex in Berlin. Deshalb konnte das Völkerkundemuseum 1949 dort seine Pforten wieder eröffnen. Wegen des Mangels an Ausstellungsflächen im Westen Berlins erhielten dort bald auch die Sammlungen anderer traditionsreicher Museen ein provisorisches Domizil, insbesondere die Gemäldegalerie. In den 60er Jahren wurde der Altbau dann um ein Vielfaches zu einem neuen Museumszentrum erweitert, das bis zur Fertigstellung des Kulturforums am Potsdamer Platz die Lücken soweit wie möglich füllte.

Jetzt stehen die Dahlemer Gebäude wieder ganz den Nutzern zur Verfügung, denen sie ursprünglich zugedacht waren: dem "Ethnologischen Museum" und dem aus ihm herausgelösten „Museum für Asiatische Kunst". Hinzu kommt noch das „Museum für Europäische Kulturen", das auch Bestände aus anderen Sammlungen übernommen hat.

Das Ethnologische Museum gehört trotz aller Verluste und Rückschläge im Zweiten Weltkrieg heute wieder neben dem Britischen Museum zu den bedeutendsten seiner Art in der Welt. Das Britische konnte natürlich auf den riesigen Einzugsbereich des „Empire" zurückgreifen. Aber auch im Berliner Museum kann man bei näherem Hinsehen erkennen, daß ursprünglich die deutschen Kolonien wertvolle Anstöße gaben, auch wenn die Bestände später weit über diese Anfänge hinaus wuchsen. Faszinierend sind die großen Katamarane aus der Südsee, Kunst und Kunsthandwerke aus Afrika, darunter der prächtige Königsthron aus Kamerun, den die Häuptlingsfamilie Kaiser Wilhelm II. geschenkt hat. Besonders eindrucksvoll sind die Sammlungen aus den präkolumbianischen Kulturen Mittel- und Südamerikas. Sie gelten als die bedeutendsten außerhalb der Ursprungsländer. Ein Höhepunkt ist trotz der eher bescheidenen Unterbringung die Goldkammer, die Werke der Goldschmiedekunst aus Kolumbien. Peru und Mittelamerika präsentiert, die in vorspanischer Zeit geschaffen wurden. Sie gilt als die wichtigste Sammlung dieser Art neben der in Madrid. Schon allein diese Schätze lohnen einen Besuch in Dahlem.

Darüber hinaus waren auch die indische und die ostasiatische Abteilung des Völkerkundemuseums reich ausgestattet und weltweit anerkannt und blieben trotz der Kriegsverluste große Anziehungspunkte. Beide sind mit dem fortschreitenden Ausbau des Museumskomplexes verselbständigt worden; 1963 wurde das Museum für Indische Kunst gebildet, und das Museum für Ostasiatische Kunst erhielt 1970 seine eigenen Ausstellungsräume. 2006 wurden beide im Museum für Asiatische Kunst zusammengefaßt. Organisatorisch sind die Dinge also immer wieder im Fluß. Entscheidend ist aber, daß in Dahlem nach dem Auszug der anderen Museen nun genügend Platz für die Ausstellung dieser bedeutenden Schätze zur Verfügung steht.  Das thematisch verwandte Museum für Islamische Kunst, das während der deutschen Teilung ebenfalls geteilt und, soweit im Westen gelandet, in Dahlem untergebracht war, befindet sich jetzt wieder ganz im Pergamon-Museum. Trotzdem gibt es weiter Überlappungen in der Thematik, zumal auch  das Völkerkundemuseum Objekte aus dem islamischen Kulturkreis gesammelt hat. Sie bilden einen Gundstock für die Ende 2011 eröffnete Ausstellung „Welten der Muslime", die voraussichtlich letzte Dauerausstellung in Dahlem, bevor die dort verbliebenen Museen ebenfalls ins Zentrum umziehen - ins Berliner Schloß, das als Humboldt-Forum wieder aufgebaut wird.

Es mag manchen verwundern, daß im zentralen Bauwerk der brandenburgisch-preußisch-deutschen Geschichte künftig gerade die ethnologischen Sammlungen ausgestellt werden. Ganz so abwegig ist es aber nicht. Auch auf diesem Gebiet gehen die Anfänge auf die Kurfürsten zurück. Daß Deutschland sich später und deshalb geographisch beschränkter außerhalb Europas politisch engagiert hat als die klassischen Kolonialmächte, tut ihm heute keinen Abbruch. Wissenschaftlich hat es sich frühzeitig und bei sehr sehenswerten Ergebnissen mit anderen Kontinenten und ihren Kulturen befaßt. Dafür standen in vorderster Linie die Brüder Humboldt, der begnadete Forscher und Geograph und der weitblickende Diplomat, Kulturpolitiker und Spachforscher, deren Namen künftig das Forum im Berliner Schloß tragen soll. Im Zeichen der Globalisierung ist das ein wichtiges Zeugnis für die Offenheit Deutschlands gegenüber anderen Kulturen. Für Besucher aus aller Welt ist es ohnehin interessant, was im traditionsreichen Völkerkundemuseum und seinen Nachfolger-Einrichtungen zusammengetragen und von deutschen Wissenschaftlern mit großer Sachkunde und Begeisterung ausgewertet wurde.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß in Dahlem auch das „Museum Europäischer Kulturen" untergebracht ist. Es bietet Streiflichter aus den letzten Jahrhunderten zu dem Themenkreis, vor allem zu regionalen Besonderheiten, zeigt Gebrauchsgegenstände, Trachtenkostüme u.ä. Auch dafür stehen nunmehr großzügige Ausstellungsflächen zur Verfügung, die von den Besuchern aber weniger stark frequentiert werden.

Der Besuch in dem riesigen Gebäudekomplex kann ohnehin viele Stunden in Anspruch nehmen. Es gibt auch ein Restaurant, in dem man sich bei maßvollen Preisen stärken kann. Die Küche bemüht sich um eine exotische Note. Eine Alternative ist das nur wenige Schritte  entfernte urige Studentenlokal „Luise".

Von außen betrachtet ist der Museumskomplex- vom Vorkriegsflügel abgesehen - keine architektonische Augenweide, sondern zweckorientiert. Obwohl nur etwas über 40 Jahre alt, ist er ein bißchen in die Jahre gekommen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der er gehört, hat sich aber verdienstvollerweise entschlossen, die erheblichen Mittel für eine umfassende Renovierung lieber gleich in das künftige Domizil, das wiederaufzubauende Schloß, zu stecken. Ohne diesen erheblichen Beitrag wäre das Projekt vielleicht gar nicht zustandegekommen.

So erweist das Dahlemer Provisorium der Berliner Kulturlandschaft zum Abschluß einen weiteren guten Dienst, auch wenn seine große Zeit dann beendet ist.

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Fotos: Dietrich Lincke

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